Frei# Die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) ist eine gefürchtete Nebenwirkung von Heparin. Es wird zwischen der Antikörper- und der nicht-Antikörper-vermittelten Form unterschieden. In einer aktuellen Studie wurde die schwere Antikörper-vermittelte Form untersucht (1). Hierbei sind Antikörper gegen den Plättchenfaktor-4/Heparin-Komplex die Ursache. Klinisch manifest wird sie meist 5-10 Tage nach Heparintherapie mit einem Abfall der Thrombozyten um mehr als 50 % sowie lebensgefährlichen Thrombosen und Embolien. Das Risiko, dass unfraktioniertes Heparin eine HIT auslöst, beträgt 3 %, unter niedermolekularem Heparin ist das HIT-Risiko um den Faktor 30 geringer.
Eine Reexposition mit Heparin kann trotz früherer HIT indiziert sein, wenn die auslösenden Antikörper nicht mehr nachweisbar sind.
Die Studie in der Fachzeitschrift Blood schloss 20 Patienten mit stattgehabter HIT vor durchschnittlich 4,4 Jahren ein. Die Forscher bestimmten die Häufigkeit, den Zeitpunkt und das Ausmaß der Antikörper-vermittelten Immunantwort mittels Serotoninfreisetzungstest [SFT] sowie ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay). Zusätzlich wurde die Häufigkeit wieder auftretender HIT bestimmt.
17 der 20 Patienten bekamen intraoperativ Heparin im Rahmen einer Herz-/ Gefäßoperation. Postoperativ wurde kein Heparin gegeben. Ein Patient entwickelte am 7. Tag nach der Herzoperation eine HIT mit neu gebildeten HIT-Antikörpern, die Heparin-unabhängig zu einer starken Plättchenaktivierung führten.
Vor der Heparin-Gabe konnte bei keinem der Patienten HIT-Antikörper im SFT gefunden werden, während sich im ELISA schwach positive Ergebnisse zeigten. Intraoperatives Heparin induzierte eine ELISA-Serokonversion bei 11 von 17 (65 %) Patienten und eine SFT-Serokonversion bei 8 von 17 (47%). Drei der re-exponierten Patienten zeigten keine Serokonversion auf Heparin. IgG-Antikörper gegen Plättchenfaktor 4/Heparin-Komplex wurden im Median am 7. Tag nachweisbar, also nicht früher als beim normalen Eintreten von HIT. Der hohe Anteil der SFT-Positiven unter ELISA-serokonvertierten Patienten (8 von 11, 73%) legt nahe, dass Patienten mit früherer HIT dazu neigen, erneut Antikörper mit Plättchen-aktivierenden Eigenschaften zu bilden.
Schlussfolgerung: Das Risiko für das Wiederauftreten einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie ist bei früheren HIT-Patienten bei intraoperativer Heparingabe gering (etwa 5%). Es ist aber insbesondere dann gegeben, wenn Antikörper gebildet werden, die Heparin-unabhängig die Plättchen stark aktivieren können. Postoperativ sollte daher die Thrombozytenzahl in den ersten Tagen täglich gemessen werden.