Prognose der Brustschmerzen unklarer Genese, 2017

Eine aktuelle Studie in „BMJ“ untersuchte den 5-Jahres-Outcome bei Patienten mit retrosternalen Schmerzen, bei denen keine Diagnose gestellt werden konnte.
Für ihre Suche verwendeten die Autoren die englische Datenbank „UK electronic health record database (CALIBER)”, welche Informationen über die ambulante und stationäre Therapie der Patienten stellt.

In die Analyse wurden 172.180 Erwachsene (Alter ?18 Jahre) ohne eine kardiovaskuläre Krankheit in der Anamnese eingeschlossen, die sich zwischen 2002 und 2009 bei 223 Hausärzten zum ersten Mal mit Brustschmerzen vorstellten, und bei denen keine Diagnose gestellt werden konnte.
Bei den meisten Patienten (72%) konnte bei der Erstvorstellung und in den nächsten 6 Monaten keine Diagnose gestellt werden. Das galt auch für die kleine Gruppe der Patienten, bei denen kardiologische Interventionen durchgeführt wurden.
Die Patienten mit Brustschmerzen unklarer Genese hatten verglichen mit den Patienten mit initialer nicht-kardialer Diagnose jedoch in der 5-jährigen Beobachtungszeit ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (4.7% vs. 3%).
Vor allem Herzinfarkte traten in der nicht-diagnostizierten Gruppe häufiger auf.
Die Minderheit der Patienten mit retrosternalen Schmerzen, die in den ersten 6 Monaten nach Symptombeginn direkt eine kardiologische Intervention (Medknowledge-Anmerkung: Damit sind vermutlich PCI mit Stent usw. gemeint) erhalten hatten, hatten ebenfalls ein erhöhtes Langzeit-Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen wie Herzinfarkt oder AKS.
Fazit: Die Autoren schreiben, die Patienten mit Brustschmerzen unklarer Genese sollten intensiver evaluiert werden.
Anmerkung: Schwierig, schwierig. Sehr viele Menschen stellen sich mit akuten Brustschmerzen in der Notaufnahme vor, und wiederum viele werden sogar stationär aufgenommen. Und die allemeisten haben am Ende der Diagnostikkette keine akuten kardialen Erkrankungen, und gehen beruhigt wieder nach Hause zurück.
Wenn die Ärzte vorhaben würden, bei all diesen Patienten eine ausführliche kardiovaskuläre Diagnostik durchführen zu wollen, würde dies unermessliche Kapazitäten mit offenem Ende verbrauchen. Vielleicht sollten eher Menschen mit mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren (Rauchen, Übergewicht, Hypertonie, Diabetes…) ins Visier genommen werden.
Als möglicher Orientierungshilfe könnte die Empfehlung der US-Fachgesellschaften für Statintherapie in 2016 dienen: ein Risiko > 7,5% in den nächsten 10 Jahren einen Schlaganfall oder Herz­infarkt zu bekommen. Da 7.5% relativ schnell erreicht wird, wäre auch ein Risiko-Korridor zwischen 7.5% und 10% vorstellbar.

  1. Jordan et al: Prognosis of undiagnosed chest pain: linked electronic health record cohort study. BMJ 2017; 357

Weitere Artikel

Entdecke weitere interessante Beiträge

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Erhalten Sie wöchentlich die neuesten medizinischen Artikel, Stellenangebote und Updates direkt in Ihr Postfach.

Kostenlos und jederzeit kündbar. Datenschutz ist garantiert.