Opioide (Morphin und Co.) für Restless-Legs-Syndrom (RLS)?, 2013

Die Therapie der RLS ist oft eine undankbare Aufgabe für Ärzte. Üblicherweise werden L-Dopa und Dopamin-Agonisten dafür eingesetzt. In den letzten Jahren wird zunehmend auch Gabapentin empfohlen. Bei vielen Patienten entstehen jedoch im Verlauf Therapie-Resistenzen, sodass die Suche nach weiteren Therapie-Optionen bei RLS weiter geht. Der Einsatz von Opioiden stellt eine potenzielle neue Behandlungsmöglichkeit beim schweren Restless Legs Syndrom dar. Bisher ist in Deutschland noch keine Opioide für diese Indikation zugelassen, wenn auch Opiate wie Tramadol oder Tilidin bei therapierefraktären Fällen als off-Label-Therapie gelegentlich niedrigdosiert als Retardform verschrieben werden. Eine aktuelle randomisierte Studie in der Fachzeitschrift Lancet Neurology überprüfte die Wirksamkeit vom Oxycodon-Naloxon als Retardpräparat zur Therapie des schweren Restless Legs Syndroms nach Versagen der vorherigen Therapie.

Der Einsatz von Opioiden stellt eine potenzielle neue Behandlungsmöglichkeit beim schweren Restless Legs Syndrom dar. Forscher untersuchten die Effektivität und Sicherheit einer festen Dosiskombination eines Oxycodon-Naloxon Retardpräparates bei Patienten mit schwerem Restless Legs Syndrom. Diese wurden zuvor meist mit dopaminergen Medikamenten ohne zufriedenstellende Wirkung behandelt.

Die Wissenschaftler führten eine Multizentrische Untersuchung an 55 Standorten in Österreich, Deutschland, Spanien und Schweden durch, welche eine 12-wöchige randomisierte, doppeltblinde, placebokontrollierte Studie und eine 40-wöchige offene Erweiterung beinhaltete. Die Patienten zeigten seit mindestens sechs Monaten Symptome und erreichten einen Wert von mindestens 15 Punkten im International RLS Study Group rating scale sum score. Patienten mit einer schweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung oder einem Schlafapnoesyndrom wurden ausgeschlossen. Die Patienten wurden zufällig 1:1 auf die Gruppen verteilt und erhielten entweder die Studienmedikation oder Placebo mit einem validierten interaktiven „response technology" System mit Blockgrößen von vier. Die Studienmedikation umfasste 5,0 mg Oxycodon und 2,5 mg Naloxon, zweimal täglich, mit einer Erhöhung der Dosis nach Einschätzung des Prüfarztes auf maximal 40 mg Oxycodon und 20 mg Naloxon zweimal täglich. In der offenen Erweiterung der Studie begannen alle Patienten mit 5,0 mg Oxycodon und 2,5 mg Naloxon zweimal täglich, mit einer Dosissteigerung auf 40 mg Oxycodon und 20 mg Naloxon zweimal täglich. Der primäre Endpunkt der Studie war die mittlere Änderung im Schweregrad der Symptome, im Bezug auf den International RLS Study Group severity rating scale sum score nach 12 Wochen.

Die Forscher untersuchten 495 Patienten von denen 306 randomisiert auf die Gruppen aufgeteilt und 276 in die primäre Analyse eingeschlossen wurden (132 mit retardiertem Oxycodon-Naloxon vs. 144 Placebokontrollierte). 197 Patienten nahmen an der offenen Erweiterung teil. Der mittlere Internationale RLS Study Group rating scale sum score betrug zum Zeitpunkt der Randomisierung 31,6 (Standardabweichung SD 4,5) die mittlere Änderung nach 12 Wochen -16,6 (SD 11,3) in der Gruppe mit retardiertem Oxycodon-Naloxon und -9,4 (SD 10,9) in der Placebogruppe (mittlere Differenz zwischen den Gruppen nach 12 Wochen 8,15; 95% Konfidenzintervall KI 5,46 bis 10,85; p<0,0001). Nach der Erweiterungsphase der Studie betrug der mittlere Summenscore 9,7 (SD 7,8). Während der doppelt verblindeten Phase der Studie traten unerwünschte Nebenwirkungen in Zusammenhang mit der Behandlung bei 109 von 150 (73%) Teilnehmern der Patientengruppe mit retardiertem Oxycodon-Naloxon und bei 66 von 154 (43%) Teilnehmern der Placebogruppe auf. Während der Erweiterungsphase traten bei 112 von 197 (57%) Patienten unerwünschte Nebenwirkungen auf. Fünf von 306 (2%) Patienten erlitten schwere Nebenwirkungen, welche auf die Behandlung mit retardiertem Oxycodon-Naloxon zurückzuführen waren (Erbrechen mit gleichzeitigem Auftreten von Duodenalulcera, Obstipation, Subileus, Ileus, akuter Flankenschmerz).

Fazit: Die Gabe von retardiertem Oxycodon-Naloxon war Effektiv zur kurzzeitigen Behandlung von Patienten mit schwerem Restless Legs Syndrom, welches zuvor unzureichend therapiert wurde. Das Sicherheitsprofil der Therapie zeigte sich dabei wie es vor Beginn der Studie erwartet wurde. Die Studie zeigt auch in der offenen Langzeituntersuchung Evidenz für die Effektivität der Therapie. Opioide können zur Behandlung von Patienten mit schwerem Restless Legs Syndrom genutzt werden, bei denen die first-line Therapie (Meknowledge-Anmerkung: in der Regel dopaminerge Therapie mit L-Dopa oder Dopaminagonisten wie Ropinirol (REQUIP)) keinen Nutzen gezeigt hat.

1-Trenkwalder C et al. Prolonged release oxycodone–naloxone for treatment of severe restless legs syndrome after failure of previous treatment: A double-blind, randomised, placebo-controlled trial with an open-label extension. Lancet Neurol 2013 Dec; 12:1141