Metaanalyse zu „ Adrenalin bei ambulantem Herzstillstand?" 2014

Bei der Reanimation des Herzstillstands ist Adrenalin ein Standardmedikament, obwohl Unklarheit darüber besteht, wie gut es tatsächlich wirkt. Mit dieser Frage beschäftigte sich in der Vergangenheit eine Vielzahl von Studien, deren Ergebnisse nun in einer Metaanalyse (1) systematisch ausgewertet wurden. Es geht dabei um den Einsatz von Adrenalin in Fällen von kardiopulmonalem Arrest, die sich ambulant, d.h. außerhalb des Krankenhauses ereignen.

In die Analyse einbezogen wurden alle randomisiert-kontrollierten Studien, die bis einschließlich Juli 2013 in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE und in der Cochrane Library gelistet waren. In diesen Studien waren die Standarddosis Adrenalin (SDA) einem Placebo gegenübergestellt bzw. die Anwendung von hochdosiertem Adrenalin, Vasopressin (ADH) und die Kombination Vasopressin + Adrenalin untersucht worden. Die in den Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation empfohlene, üblicherweise verwendete Dosierung von Adrenalin beträgt 1 mg pro Injektion. Vasopressin, auch als „antidiuretisches Hormon" (ADH) bezeichnet, gehört ebenso wie Adrenalin zur Gruppe der Vasopressoren.

Für die Erstellung der Metaanalyse wurde das Random-Effects-Modell angewandt, bei der Analyse der Untergruppen wurde eine Einteilung nach Herzrhythmus und Anzahl der verabreichten Injektionen vorgenommen. Als wichtigstes Endergebnis wurde das Überleben mit späterer Krankenhausentlassung definiert (Langzeitüberleben); weiterhin wurde erfasst, ob der Kreislauf spontan zurückkehrte, ob es zu einer Aufnahme in die Klinik (Kurzzeitüberleben) kam und wie der neurologische Zustand nach dem Ereignis war.

Insgesamt entsprachen vierzehn kontrolliert-randomisierte Studien den Kriterien der Metaanalyse und konnten bei der Auswertung berücksichtigt werden (n=12.246). Eine davon verglich die SDA mit einem Placebo (n=534), sechs mit dem hochdosierten Adrenalin (n=6174); sechs weitere Untersuchungen stellten die SDA einer Kombination aus Adrenalin und Vasopressin gegenüber (n=5202), und eine Studie beschäftigte sich mit der Anwendung von Vasopressin in der Monotherapie (n=336).

In keiner der Vergleichsgruppen- auch nicht in den Unterkategorien- zeigte sich ein Unterschied in Bezug auf das Langzeitüberleben oder auf das neurologische Endergebnis. Nach der Behandlung mit der SDA (Adrenalin) gab es mehr Patienten, die bis zur stationären Aufnahme überlebten, als in der Placebogruppe (relative Wahrscheinlichkeit [RR] 1.95, p<0.001); auch kam es häufiger zur Rückkehr des Spontankreislaufes (RR 2.80, p<0.001). In beiden Punkten war die SDA wiederum dem Hochdosis-Adrenalin unterlegen (Spontankreislauf: RR 0.85, p=0.02, I2=48%, Kurzzeitüberleben: RR 0.87, p=0.049, I2=34%). Vasopressin allein oder in Kombination mit Adrenalin zeigte hingegen keinen Vorteil gegenüber der SDA.

(Anmerkung: Die I²-Maßzahl gibt an, wie hetero- oder homogen die Ergebnisse der im Rahmen einer Metaanalyse herangezogenen Einzelstudien sind. Dabei beruhen die abweichenden Ergebnisse nicht auf natürlicher Schwankung, sondern sind im uneinheitlichen Studiendesign begründet. Liegt die Maßzahl, wie in diesem Fall, zwischen 25 und 50 %, entspricht dies einer mäßigen Heterogenität.)  

FAZIT: Hinsichtlich des Überlebens mit späterer Krankenhausentlassung (Langzeitüberleben) und des neurologischen Endergebnisses kann eine günstige Wirkung von Adrenalin weiterhin nicht bewiesen werden. Die Überlebensrate mit Krankenhausaufnahme (Kurzzeitüberleben) und die Rückkehrrate des Spontankreislaufes können durch Adrenalin verbessert werden. Hier ist die Standarddosis Adrenalin dem Placebo und das Hochdosis-Adrenalin wiederum der Standarddosis überlegen.

Anmerkung: Halten wir mal fest, Adrenalin hatte keinen Einfluss auf Langzeit-Überleben und neurologische Langzeit-Funktionen. In der Kurzzeit kann Adrenalin das koronare Durchblutung anscheinend steigern, dadurch häufiger die spontane Spontan-Kreislauf stabiliseren. Dafür kann Adrenalin aufgrund seiner gefäßverengenden Effekte die Durchblutung anderer Organe, insbesondere des Gehirnes möglicherweise verschlechtern. Es bleibt abzuwarten, ob diese Studienergebnisse in den letzten Jahren, die Adrenalin beim Herzstillstand in Frage stellen, die Leitlinien-Empfehlungen beeinflussen werden. Bis dahin wird vermutlich kein Notarzt auf Adrenalin verzichten wollen.

1- Lin S et al. Adrenaline for out-of-hospital cardiac arrest resuscitation: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Resuscitation 2014 Mar 15

2-Reanimation: Adrenalin nach Herzstillstand mit schlechterem späteren Outcome, 2009 - 2012

 

 

 

 

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