Acetazolamid gegen Idiopathischen Normaldruckhydrozephalus, 2014
Acetazolamid ist ein Carboanhydrasehemmer aus der Gruppe der Sulfonamide und wird heutzutage vor allem in der Behandlung des Glaukoms (Reduktion der Kammerwasserproduktion), der Höhenkrankheit und zunehmend bei einigen Kanalopathien eingesetzt.
Der antikonvulsive Effekt von Carboanhydrasehemmern wird auf die ausgelöste metabolische Azidose, aber auch auf eine verringerte Liquorproduktion zurückgeführt. (Quelle: Pharmakologie und Toxikologie Estler, Schmidt; 6. Auflage, S.554). Eine aktuelle Studie (1) untersuchte die Auswirkungen von niedrig dosiertem Acetazolamid auf das klinische Outcome und MRT-Befunde von Patienten mit idiopathischem Normaldruckhydrozephalus (iNPH).
Dazu analysierten Sie aufeinander folgende Magnetresonanztomographien (nach einem Protokoll eines institutionellen Untersuchungsausschuss) und das Gangbild von acht Patienten mit iNPH, welche mit niedrig dosiertem Acetazolamid (125-375 mg/Tag) als off-label Therapie behandelt wurden. Die MRT-Diagnostik beinhaltete sowohl FLAIR (Anmerkung: fluid attenuated inversion recovery; unterdrückt die Darstellung von zerebraler Flüssigkeit und lässt z. Bsp. intraventrikuläre hyperintense Läsionen besser erkennen) als auch 3D T1-gewichtete hochauflösende Bilder. Automatisierte Analysen wurden genutzt um ventrikuläre, globale Hyperintensitäten in der weißen Substanz des Gehirns (WMH, white matter hyperintensities) bzw. periventrikuläre Hyperintensitäten (PVH) vor und während der Behandlung zu quantifizieren. Das klinische Outcome wurde qualitativ nach dem Gangbild anhand der Boon Skala (Anmerkung: Gangbildanalyse anhand von verschiedenen Kriterien: Geschwindigkeit, Schrittlänge, Stand, Abstand Fuß zum Boden, Gleichgewicht, Wende, Seiltänzergang, Startverzögerung) ermittelt.
Fünf von acht Patienten profitierten von der Therapie, mit einer mittleren Verbesserung des Gangbildes um vier Punkte auf der Boon Skala. Nach der Behandlung wurde bei diesen Patienten auch ein Rückgang des Volumens der periventrikulären Hyperintensitäten (PVH) (?6.1 ± 1.9 ml, p=0,002 ) festgestellt. Ein Patient zeigte keine Veränderungen im Gangbild und zwei weitere verschlechterten Ihre Punktzahl. Auch eine Veränderung des Volumens der PVH konnte bei diesen beiden Patienten nicht nachgewiesen werden und sie wurden daher weiter überwiesen um eine Shunt-Operation durchführen zu lassen. Die Volumina der lateralen Ventrikel und die nichtventrikulären Hyperintensitäten der weißen Substanz änderten sich kaum bei allen Patienten.
Fazit: Diese vorläufigen Ergebnissee sind ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Gabe von niedrig dosiertem Acetazolamid periventrikuläre Hyperintensitäten (PVH) reduzieren kann und das Gangbild von Patienten mit idiopathischem Normaldruckhydrozephalus (iNPH) verbessert. Das Volumen der periventrikulären Hyperintensitäten als Marker für die transependymale zerebrospinale Flüssigkeit (CSF) scheint ein potenzieller Indikator im MRT für die Effektivität der medikamentösen Therapie zu sein. Weitere Studien zur pharmakologischen Intervention beim idiopathischen Normaldruckhydrozephalus sind notwendig. Dabei könnten MRT Untersuchungen zum Outcome der Patienten für eine deutlichere Aussage der Studie sorgen.
Klassifizierung: Diese Studie erzielt für die Gabe von niedrig dosiertem Acetazolamid zur Reduktion des Volumens periventrikulärer Hyperintensitäten und Gangbildverbesserung bei idiopathischem Normaldruckhydrozephalus den Evidenzgrad IV.