Eine Spinalkanalstenose ist eine Einengung des Wirbelkanals durch den das Rückenmark verläuft. Hierdurch kann es zu Schmerzen und Sensibilitätsstörungen aufgrund von eingeklemmten Nerven kommen. Auch in Deutschland werden immer häufiger Patienten an lumbaler Spinalkanalstenose operiert und die konvervative Therapie-Massnahmen wie Physiotherapie geraten in Hintergrund. Die Entscheidungsfindung des Hausarztes bei einem Patienten mit symptomatischer lumbaler Spinalkanalstenose (LSS) stellt jedoch eine große Herausforderung dar, nicht zuletzt weil die Datenlage für den Vergleich der operativen mit der konservativen Behandlung noch unzureichend ist. Eine aktuelle Studie in "Annals of Internal Medicine" verglich nun die operative Behandlung mit der physiotherapeutischen Therapie bei LSS und erörterten auch geschlechtsspezifische Unterschiede (1).
Dazu wurde eine kontrollierte, randomisierte Studie an mehreren Standorten durchgeführt. Dazu zählten sowohl neurologisch-orthopädische Behandlungszentren wie auch physiotherapeutische Kliniken.
Die Teilnehmer der Studie waren vorgesehen für eine operative Behandlung der LSS, 50 Jahre alt oder älter und mit dem chirurgischen Eingriff einverstanden.
Das Outcome der Patienten wurde mittels des "physical function score" im "Short Form-36 Health Survey" von verblindeten Testleitern evaluiert.
Die Studie wurde im Zeitraum von November 2000 bis September 2007 durchgeführt. Insgesamt wurden 169 Patienten aufgenommen, nach Geschlecht und Operateur geordnet und zufällig auf zwei Gruppen verteilt (87 chirurgische Versorgung, 82 physiotherapeutische Behandlung). Es folgte ein 24-monatiges follow-up welches von 74 bzw 73 Patienten abgeschlossen wurde.
Die mittlere Verbesserung des physischen Zustands betrug 22,4 Punkte in der OP-Gruppe und 19,2 Punkte in der Gruppe mit physiotherapeutischer Behandlung. Die Intention-to-treat Analyse ergab keinen relevanten Unterschied zwischen den Gruppen (Differenz nach 24 Monaten 0,9). Eine Sensitivitätsanalyse mittels causal-effects Methode, welche auch den hohen Anteil von Patienten mitbeachtete, welche von Physiotherapie zu operativen Maßnahmen im Verlauf des follow-up wechselte (57%), erbrachte ebenso keine signifikanten Unterschiede.
Limitierend auf die Aussagekraft der Studie wirkt sich die Tatsache aus, das in diesem Setting keine Kontrollgruppe gestellt wurde um den Effekt der jeweiligen Intervention zu evaluieren.
Fazit: Die chirurgische Dekompression bei lumbaler Spinalkanalstenose erbrachte in der 2-jährigen Beobachtungszeit im Vergleich zur physiotherapeutischen Behandlung keine Outcome-Verbesserung.
Eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Arzt und Patient zur Behandlung der Erkrankung sollte auch eine Aufklärung über die aktuelle Datenlage über die jeweiligen Erfolgsaussichten der gewählten Therapie beinhalten.