Bei den Patienten ohne kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) und niedriges 10-Jahres-Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten überwiegt das Risiko für gastrointestinale Blutungen und ischämische Schlaganfälle durch ASS-Einnahme den möglichen Nutzen. Laut den Leitlinien für die Primärprävention für CVD wird ASS entsprechend nur bei Patienten mit 10-Jahres-CVD Risiko ?6 % als angemessen und unangemessen bei Patienten mit 10-Jahres- CVD- Risiko <6% betrachtet.
(Medknowledge-Anmerkung: Z.B. mit dem ARIC-Kalkulator kann das 10-Jahresrisiko für einen Herzinfarkt ermittelt werden.
Eine aktuelle Studie in "Journal of American College of Cardiology untersuchte, wie oft ASS zur Primärprävention angeordnet wird, obwohl es keine Indikation dafür besteht (1). Dafür analysierten die Autoren die Daten von 68.808 Patienten aus dem nationalen US-Patientenregister für ambulante Patienten in kardiologischen Praxen.
Die Gesamtrate der unangemessenen ASS-Anwendung ohne Indikation betrug 11.6%. Die Rate variierte bei einzelnen kardiologischen Praxen stark von 0% bis 71%. Die Ergebnisse blieben auch gleich, nachdem ältere Frauen > 65 Jahre und Diabetiker aus der Auswertung heraus genommen wurden.
Fazit: Mehr als 10% aller Patienten erhielten ASS zur Primärprävention der kardiovaskulären Erkrankungen ohne eine Indikation dafür. Diese Praxis variierte stark zwischen den einzelnen Arztpraxen.
Anmerkung: In den letzten Jahren wurde ASS wie eine Wunderwaffe in den Medien behandelt: Keine Risiken aber segensreiche Wirkungen wie Schutz vor Herzinfarkt/Schlaganfall und Darmkrebs. Dies spielt sicherlich eine Rolle bei der unkritischen Verordnung von ASS. Vor allem die kardiologischen Fachgesellschaften sollten verstärkt Aufklärungsarbeit leisten: Wo Wirkung ist, ist auch immer Nebenwirkung. Es gibt keine Wunderpille. Daher sollte die richtige Indikation auch bei ASS-Einnahme vorhanden sein. Gesunde Menschen, egal wie alt, haben keinen Grund unnötig ASS einzunehmen.