Kurze Zusammenfasssung
 
Bekanntlich haben die Ärzte immer weniger Zeit, für die Patienten, für die Familie, für die Hobbies. Gleichzeitig nimmt das medizinische Wissen exponentiell zu. Es werden tausende von Studien jährlich publiziert. Folglich ist es für Mediziner recht schwierig, die aktuelle Studienlage und Wissensstand für ihre Fachbereiche zeitnah zu verfolgen, und zu bewerten. Das Seminar Internisten-Update, welches ich am 08.-09.11.2019 in Hamburg besucht habe, hatte genau dieses Ziel, Ärzten wichtige Neuigkeiten aus verschiedenen internistischen Fachrichtungen kompakt und praxisnah vorzustellen.

Die Qualität des Seminars war hervorragend. Referenten, alle angesehene Experten in ihren Fachgebieten, stellten in zwei Tagen hochaktuelle Studien aus 14 Themen der Inneren Medizin - von Infektiologie bis Onkologie - mit Bewertung für die alltägliche Praxis vor. Am Ende des jeweiligen Vortrages präsentierten sie eine kurze Zusammenfassung als „Take-Home-Message“ für Klinik und Praxis, und es wurden die Fragen aus dem Publikum beantwortet. Auch in den Pausen oder „Speaker‘s Corners“ konnten die Teilnehmer die Referenten direkt ansprechen.

Der Inhalt der Vorträge wurde als gedrucktes Handbuch oder als e-book an die Teilnehmer verteilt. Alle Teilnehmer des Updates erhalten einen zeitlich befristeten kostenfreien Zugang zu den Online-Video-Vorträgen, und können auch die PP-Folien der einzelnen Vorträge als PDF-Datei herunter laden.

Das Niveau der Präsentationen war insgesamt sehr hoch. Im Folgenden werde ich aus einzelnen Vorträgen exemplarisch ein paar interessante Aspekte ansprechen.
 
Pulmologie, Marek Lommatzsch, Rostock

Akute Therapie COPD:
-Führendes-Symptom Dyspnoe: LAMA-Monotherapie; bei persistierenden Symptomen LAMA+LABA
-Führendes-Symptom Exazerbationen: LABA+ICS (insbesondere bei Eosinophilie)
-Anhaltende Symptome und häufige Exazerbationen (> 2/J), oder 1x Hospitalisation wegen COPD: LAMA-+LABA+ICS; ggf. Prednisolon-Stosstherapie für 5 Tage mit 1x40mg/d Prednisolon p.o.
-Antibiotika: Antibiotika sollte nicht alleine wegen Dyspnoe, eher bei Exazerbationen mit klinischen Infektzeichen wie starkem Husten und Auswurf eingesetzt werden. Bei diesen Patienten wird in 4% der Fälle Pseudomonas im Kultur nachgewiesen; Azithromycin Dauer-Therapie nur als Ultima Ratio
-Schlechte Kontrolle der Symptome oder der Exazerbationen: PDE4-Hemmer, Antibiotika, und optional-experimentell Biologika bei Patienten mit schwerem Verlauf und starker Eosinophilie
 
Asthma
Bei milder Asthma (Stufe I und II) wird jetzt als ICS+Formoterol-Kombitherapie bei Bedarf als alleinige Therapie empfohlen.
Husten
Als Antitussiva können inhalative LAMA, Nicht-opioide Antitussiva wie Thymian oder Efeu, und als Protussiva ätherische Öle, Ambroxol, N- Acetylcystein oder auch Kochsalz-Lösung probatorisch eingesetzt werden.
 
Diabetologie. A. Hamann

Diabetes-Typ-II
Metformin weiterhin Erstlinientherapie, wenn auch es in Zukunft von GLP-1-Rezeptorantagonisten und SGLT-2-Hemmern von dieser Position möglicherweise verdrängt werden wird.
GLP-1-Rezeptorantagonisten (wie Liraglutid oder Dulaglutid) könnten möglicherweise bald als erste injizierbare Therapie anstelle von Basalinsulin vermehrt verordnet werden.
SGLT-2-Hemmer (wie Canagliflozin) haben vor allem bei Patienten mit kardiovaskulären und renalen Risiken günstige Effekte.
DPP4-Hemmer (wie Sitagliptin, Saxagliptin) werden nicht vordergründig empfohlen.
 
Gastroenterologie II, P. Layer

Darmkrebs
Auch eine „gesunde“ Lebensführung schützt nicht sicher vor einem Darmkrebs. Daher bleibt die aktive Darmkrebs-Vorsorge weiterhin wichtig. Dabei ist Koloskopie beim Darmkrebs-Screening zum jetzigen Zeitpunkt unersetzlich; Stuhltests (wie FIT) sind unzureichend, da viele Polypen, selbst maligne Tumoren nicht immer bluten. Auch wiederholte FITs sind kein gleichwertiger Endoskopie-Ersatz, sie können sogar ein Gefühl der falschen Sicherheit bei den Patienten verbreiten.
Ob Fleisch und verarbeitete Fleisch-Produkte das Darmkrebs-Risiko tatsächlich erhöhen, ist nicht eindeutig belegt. Dagegen schützt körperliche Aktivität mit Normalisierung des Gewichts auf jeden Fall vor Krebs-Entstehung.
 
Divertikulitis
Akute Divertikulitis wird oft durch Neoplasien verursacht. Das Risiko ist bei kompliziertem Verlauf nochmals höher, daher ist hier eine „Nachsorge“-Endoskopie ein Muss.

Fäkaler Mikrobiom Transfer (FMT)
FMT ist zur Behandlung der Clostridien-Rezidiven sehr effektiv. Bei immunsupprimierten Patienten kann er jedoch aufgrund der möglichen Übertragung multiresistenter Erreger potentiell schwere Infektionen auslösen.
Die Datenlage erhärtet sich dahingehend, dass FMT auch bei C. Ulcerosa möglicherweise eine Therapie-Option ist.
 
Hämatologie/Onkologie, H.-G. Kopp und K. Rupertus

Immunscheckpoint-Hemmer zur Krebstherapie
Immunscheckpoint-Blockade mit den neuen Substanzen aus den Substanz-Gruppen CTLA4, und PD1 bzw. PDL1, welche die Immunantwort und Tumorerkennung der Lymphozyten erhöhen, sind aus der Therapie maligner Tumoren nicht mehr wegzudenken. Inzwischen liegen auch Langzeit-Daten für Ipilimumab, Nivolumab und auch Pembrolizumab vor.
Früher wurden die Immunscheckpoint-Inhibitoren - z.B. bei Bronchialkarzinom – bei malignen Tumoren erst dann eingesetzt, wenn der Patient auf die Standard-Chemotherapie nicht ansprach oder Rezidive entwickelte. Inzwischen werden die Immunscheckpoint-Hemmer oft als Erstlinientherapie entweder direkt mit konventioneller Chemotherapeutika kombiniert, oder sogar in Studien als Monotherapie eingesetzt.
Da sich bei Immunscheckpoint-Inhibitoren relativ schnell Therapie-Resistenzen entwickeln können, werden in Studien auch mehrere Immunscheckpoint-Inhibitoren als Kombinationstherapie eingesetzt. Ein Problem dabei ist jedoch, wenn es zu Toxizitäts-Problemen kommt, wird es schwierig sein, das verursachende Agens zu isolieren.
 
Intensiv- und Notfallmedizin, von S. Kluge

Reanimation durch Laien
Nach wie vor werden, insbesondere für medizinisches Personal, Thorax-Kompressionen und Beatmungen im 30:2-Verhältnis empfohlen. Da jedoch viele Laien oft aus „hygienischen“ Gründen keine Beatmung durchführen wollen, reichen in den ersten Minuten alleinige Brust-Kompressionen meist aus.
Die Vorgehensweise im Notfall „Prüfen – Rufen – Drücken“ wird inzwischen in den Schulen gelehrt. Auch die von der Leistelle telefonisch  geleitete  Reanimation hat sich trotz anfänglicher Bedenken als erfolgreich erwiesen.

Der Seminar Internisten-Update als offizielle Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) wird sich auch 2020 in verschiedenen Städten wiederholen.
Fevzi Koc
 
 

Zusätzliche Informationen

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