Beobachtungsstudie zu den Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban (Xarelto) und Apixaban (Eliquis) anhand von Daten aus acht Gift-Notrufzentralen in den USA (1).

Die Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban und Apixaban gehören zur Gruppe der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK), die 2011 und 2012 von der FDA (Food and Drug Administration) zugelassen wurden. Sie werden in festen Tagesdosen verabreicht, die keiner Anpassung anhand von Laborparametern bedürfen. Allerdings gibt es nur wenige Daten zur Überdosierung, weshalb eine aktuelle Studie in "Annals of Emergency Medicine" dies anhand der klinischen Wirkung von Rivaroxaban und Apixaban untersuchte.

Für die retrospektive Studie wurden Daten von 8 regionalen Gift-Notrufzentralen aus 9 US-Staaten ausgewertet. In den zugehörigen Datenbanken wurden Patienten ermittelt, in deren Akten die Einnahme von Xarelto (Handelsname), Rivaroxaban (Wirkstoff), Eliquis (Handelsname) oder Apixaban (Wirkstoff) aufgeführt war. Einschlusskriterium war die Exposition mit nur einem Wirkstoff; Ausschlusskriterium waren Fälle von Tieren mit Medikamenten-Exposition, sowie Polyexposition von Patienten und reine Informationsanrufe. Die Datensammlung erfolgte mittels Durchsicht der einzelnen Akten, wobei auch mündliche Berichte eingeschlossen waren. Alle Daten wurden in ein Gesamtdatenset zusammengefasst.

Die Studie umfasste 223 Patienten: 124 (56%) der Patienten waren weiblich, das Durchschnittsalter betrug 60 Jahre und 20 Patienten waren jünger als 12 Jahre (9%). Von den eingeschlossenen Patienten nahmen 198 Patienten (89%) Rivaroxaban und 25 Patienten (11%) Apixaban ein. Bei 182 Patienten mit Rivaroxaban waren Daten zur Dosis verfügbar, die durchschnittlich 64,5 mg (Bereich 15 - 1 200 mg) betrug. Bei den 21 Patienten mit Apixaban betrug die durchschnittliche Dosis 9,6 mg (Bereich 2,5 - 20 mg).

Die Prothrombinzeit (PTZ) wurde bei 49 Patienten (25%) mit Rivaroxaban bestimmt und war bei 7 der Patienten erhöht; die partielle Thromboplastinzeit (PTT) wurde bei 49 Patienten (25%) bestimmt und war bei 5 Fällen erhöht; die Internationale Normalisierte Ratio (INR) wurde bei 61 Patienten (31%) bestimmt und war bei 13 Fällen erhöht. Bei Patienten mit Apixaban wurde die Prothrombinzeit (PTZ) bei 6 Patienten (24%) bestimmt und zeigte sich bei keinem der Fälle erhöht; die partielle Thromboplastinzeit (PTT) wurde bei 6 Patienten (24%) mit Apixaban bestimmt und war auch bei keinem der Fälle erhöht; die Internationale Normalisierte Ratio (INR) wurde bei 5 Patienten (20%) bestimmt und war ebenfalls bei keinem der Patienten erhöht.

15 Patienten (7%) hatten Blutungen, davon 11 Patienten mit Rivaroxaban-Einnahme und 4 Patienten mit Apixaban-Einnahme. Blutungen traten gastrointestinal (8), oral (2), nasal (1), nach Prellung (1), im Urin (1) und subdural (1) auf. Zu der subduralen Blutung kam es nach einem Sturz mit Kopfverletzung. Alle Patienten mit Blutungskomplikation standen unter Langzeittherapie.

Die meisten Patienten mit Blutungen zeigten einen Normalbefund im Gerinnungstest: 5 von 6 Patienten (83%) in der Prothrombinzeit (PTZ), 5 von 6 Patienten (83%) in der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) und 5 von 9 Patienten (55%) in der Internationalen Normalisierten Ratio (INR). Bei 7 Patienten mit Rivaroxaban (1 Suizid) und bei 3 Patienten mit Apixaban wurden Blutprodukte eingesetzt.

Bei Kindern, die alle eine Einzeldosis einnahmen, traten keine Blutungen oder Veränderungen im Gerinnungstest auf.

Bei allen 12 Suizidfällen war Rivaroxaban involviert: Bei 5 Patienten (42%) fanden sich veränderte Ergebnisse im Gerinnungstest; bei keinem der Suizidfälle traten Blutungen auf; 1 Patient wurde mit Fresh Frozen Plasma behandelt (Internationale Normalisierte Ratio 12,47).

Die in der Anamnese erhobene Dosis zeigte sich nicht prädikativ für das Risiko veränderter Gerinnung oder Blutungen. Zwei Rivaroxaban-Patienten zeigten erhöhte hepatische Transaminase Spiegel > 1,000 U/l.

FAZIT: Bei Mono-Einnahme eines Faktor-Xa-Inhibitors treten selten Blutungen auf.

Prothrombinzeit (PTZ), partielle Thromboplastinzeit (PTT) und Internationale Normalisierte Ratio (INR) kann in wenigen Fällen erhöht sein, scheint aber kein verlässliches Maß für das Blutungsrisiko zu sein. Massive Überdosierung bei Suizidversuch kann zu signifikanter Gerinnungshemmung führen. Eine explorative, einmalige Einnahme durch Kinder war nicht mit Toxizität assoziiert.

Anmerkung: Patienten mit starker Überdosierung sollten überwacht werden, und ggf. Aktivkohle erhalten. Inzwischen werden mehrere Antidote für NOAKs entwickelt und teilweise zugelassen (2,3).

1- Spiller et al. An observational study of the factor Xa inhibitors rivaroxaban and apixaban as reported to eight poison centers. Ann Emerg Med. 2016 Feb;67(2):189-95

2-Antidote für neue Antikoagulanzien: Medikamente in der Pipeline: Von Per977 und AnXa bis Idarucizumab , 2014

3- Antidot Idarucizumab (Praxbind) bei Dabigatran-behandelten Patienten, 2016

 

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