Studie in "JAMA": Die prognostische Rolle des Bluthochdrucks und der aggressiven Blutdrucksenkung bei Menschen mit kognitiven Störungen (Gedächtnis, Konzentration) und Demenzpatienten wurde bisher noch nicht gut erläutert.
Eine aktuelle Studie (1) untersuchte ob ambulante oder in der Sprechstunde erhobene Blutdruckmessungen oder die Behandlung mit blutdrucksenkenden Medikamenten die Progression der kognitiven Beeinträchtigung bei Patienten mit leichter kognitiver Störung bzw. Demenz vorhersagen können.
Es handelt sich um eine Kohortenstudie, die im Zeitraum vom 1.Juni 2009 bis zum 31.Dezember 2012 durchgeführt wurde. Das Follow-up der Patienten mit leichter kognitiver Störung oder Demenz erfolgte über eine mittlere Zeitspanne von 9 Monaten, in zwei auf Hirnleistungsstörungen und Gedächtnisbeeinträchtigungen spezialisierten Kliniken ("outpatient memory clinics").
Die Objektivierung der kognitiven Einschränkungen erfolgte durch den Mini-mental-State-Test (MMST). Die Autoren verglichen die Baseline-MMST-Punktzahlen mit den Follow-up-Punktzahlen.
Die Autoren analysierten die Daten von 172 Patienten, mit einem Durchschnittsalter von 79 Jahren und einer durchschnittlichen MMST-Punktzahl von 22,1. Die Diagnose Demenz traf auf 68,0% der Patienten zu; 32,0% der Patienten hatten eine leichte kognitive Störung, und 69,8% der Patienten wurde mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt.
Die Patienten dessen (am Tage gemessene) systolische Blutdruckwerte (SBP) im unteren Terzil lagen (SBP?128 mm Hg), zeigten die deutlichste Verschlechterung der MMST-Punktzahl im Verlauf des Follow-ups (-2,8 Punkte), im Vergleich zu den Patienten im mittleren und im oberen Terzil (SBP von 129-144 mmHg und SBP ?145 mmHg, mit einer Senkung der MMST-Punktzahl von jeweils nur 0,7 Punkten).
Dieser Zusammenhang zwischen Blutdruck und MMST-Punktzahl war signifikant bei den Demenzpatienten und bei den Patienten mit leichter kognitiver Störung, aber nur bei den Patienten, die unter blutdrucksenkender Behandlung standen.
In einem multivariablen Modell, welches Alter, Baseline-MMST-Punktzahl und vaskuläre Komorbilität beinhaltete, zeigte sich das die Konstellation der medikamentösen Blutdrucksenkung mit dem im unteren Terzil liegenden systolischen Blutdruck in unabhängigen Zusammenhang mit einem größeren kognitiven Rückgang steht, sei es bei Demenz oder bei leichten kognitiven Störungen.
Die Assoziation zwischen den in der Sprechstunde gemessenen Blutdruckwerten und dem Unterschied der MMST-Punktzahl war weniger deutlich.
Außer dem systolischen Blutdruck konnte keine der ambulant gemessenen Variablen mit dem Unterschied der MMST-Punktzahl in Verbindung gebracht werden.
FAZIT: Bei älteren Patienten mit Demenz oder leichten kognitiven Störungen, die mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt werden, steht ein niedriger systolischer Blutdruck (Systolischer RR < 130mmHG) in Verbindung mit einer schnelleren Progression der kognitiven Beeinträchtigung.
Die Autoren schließen, dass eine übertriebene Blutdrucksenkung für ältere Patienten mit kognitiven Einschränkungen schädlich sein kann. Um die Überbehandlung dieser Patientengruppe zu vermeiden, kann die ambulante Blutdruckmessung hilfreich sein.