Frei#  Es gibt Hinweise dafür, dass einige wenige Einheiten physiotherapeutischer Behandlung beim Schleudertrauma und dessen Folgeerscheinungen genauso effektiv sind wie eine länger andauernde Therapie. Die aktuelle PROMISE-Studie (1) ist nun ganz pragmatisch einen Schritt weiter gegangen und hat untersucht, ob die alleinige Beratung von Patienten mit chronischem Schleudertrauma ebenfalls ein ausgedehntes Physiotherapie-Programm ersetzen könnte.

Die Patienten, die für diese kontrolliert-randomisierte Studie herangezogen wurden, litten alle an einem chronischen (> 3 Monate und < 5 Jahre) Schleudertrauma mit Schweregrad 1 oder 2. Neben lokalen Schmerzen und Verspannungen oder Steifigkeit des Nackens können Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Übelkeit und z.T. auch neurologische Symptome wie Ataxie, Parästhesien u.a. zu den akuten bzw. chronischen Folgen eines Schleudertraumas gehören.

Man teilte die Patienten dieser Studie verdeckt in zwei Gruppen auf. Die eine Gruppe erhielt ein umfassendes Trainingsprogramm mit 20 Sitzungen, die Patienten der anderen Gruppe wurden in einer einzelnen Sitzung geschult und danach weiter telefonisch beraten. Die Zuordnung zu den beiden Gruppen erfolgte nach einem computergesteuerten Schema zur Randomisierung. Der wichtigste Endpunkt war die Schmerzintensität, die auf einer Skala von 0 bis 10 gemessen wurde. Diese Werte wurden verblindet zum Zeitpunkt Null und dann nach 14 Wochen, sechs Monaten und zwölf Monaten erhoben.

Von den 172 Studienteilnehmern befanden sich je 86 in der Beratungs- bzw. in der Physiotherapie-Gruppe. Das Follow-Up nach 14 Wochen gelang bei 157 Personen (91 %), nach sechs Monaten bei 145 Personen (84 %) und nach zwölf Monate bei 150 Personen (87 %). Bei diesen Studienteilnehmern war die umfassende physiotherapeutische Behandlung hinsichtlich der Schmerzreduktion nicht wirksamer als die alleinige Beratung. Der Behandlungseffekt auf der Schmerzskala von 0 bis 10 lag bei 0,0 nach 14 Wochen, bei 0,2 nach sechs Monaten und bei -0,1 nach zwölf Monaten. Dieser war unabhängig von posttraumatischem Stress oder einer Übererregbarkeit des ZNS. Ernsthafte unerwünschte Nebenwirkungen traten während der Studie nicht auf.

FAZIT: Die Studie zeigt, dass einfache Beratung genauso gute Ergebnisse erzielt wie ein umfassendes physiotherapeutisches Trainingsprogramm. Die Entwicklung effektiver und kostengünstiger Behandlungskonzepte beim akuten oder chronischem Schleudertrauma hat ebenso wie die Prävention der Chronifizierung eine hohe Priorität.

Ein weiterführender Forschungsschwerpunkt könnte sein, die Mechanismen der chronischen Schmerzentstehung und bleibender Behinderung besser zu verstehen. Daneben sind auch die Wirksamkeit und zeitliche Planung des Medikamenteneinsatzes zu untersuchen; ebenfalls sollte man die inhaltliche und didaktische Umsetzung von Schulungen oder Beratungen wie der oben beschriebenen optimieren.

1-Michaleff ZA et al. Comprehensive physiotherapy exercise programme or advice for chronic whiplash (PROMISE): A pragmatic randomised controlled trial. Lancet 2014 Apr 4

 

 

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